DIE WELT ALS BEUTE
WARUM WIR LERNEN MÜSSEN, NICHT ALLES BESITZEN ZU WOLLEN,
Birte Brunner
7/18/20252 min lesen


Seit der Mensch begonnen hat, aufrecht zu gehen, begleitet ihn ein unstillbares Verlangen:
Zu sehen, was hinter dem nächsten Hügel liegt,
das Meer zu überqueren,
die Wüste zu durchqueren,
den Himmel zu erobern.
Neugier ist eine unserer größten Stärken – sie hat uns Kunst, Wissenschaft, Medizin und Geschichten geschenkt.
Aber sie hat auch eine dunkle Seite:
Den Drang, nicht nur zu erforschen, sondern auch zu besitzen.
Wälder werden zu Holz, Tiere zu Trophäen, Ozeane zu Märkten, und der Himmel wird mit Satelliten übersät.
Jeder Winkel der Erde soll uns nicht nur bekannt sein –
er soll uns untertan sein.
Der Preis dafür ist hoch. Seit dem Jahr 1500 haben Menschen mindestens 680 Wirbeltierarten ausgerottet. Heute sind nach Schätzungen der UNO rund eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Ganze Lebensgemeinschaften verschwinden, bevor wir sie überhaupt verstanden haben. Was als Abenteuer begann, wurde zur Aneignung – und leider auch oft zur Zerstörung.
Es ist kein Zufall: Besitzdenken hat sich tief in unsere Kultur eingebrannt. Wir glauben, Fortschritt bedeutet Kontrolle, Wachstum rechtfertigt jeden Eingriff.
Doch was, wenn wir uns geirrt haben?
Was, wenn wahre Größe nicht darin liegt, alles zu beherrschen, sondern darin, Grenzen zu respektieren?
Wir könnten beginnen, anders zu sehen: Wälder nicht als Rohstofflager, sondern als Atmungsorgan des Planeten. Tiere nicht als Ware, sondern als Mitgeschöpfe. Die Erde nicht als Beute, sondern als Zuhause, das wir mit anderen teilen.
Was können wir tun?
Wir können Schutzgebiete ausweiten, den illegalen Handel mit Wildtieren bekämpfen, nachhaltige Landwirtschaft und Fischerei fördern. Wir können Konsum überdenken, lokale Initiativen stärken, Bildung als Brücke nutzen.
Und vor allem: wir können damit aufhören, uns selbst als Zentrum allen Lebens zu betrachten.
Die Neugier, die uns immer weiter getrieben hat, muss nicht verschwinden. Aber sie braucht eine neue Richtung: nicht mehr Besitz, sondern Beziehung.
Nicht mehr Eroberung, sondern Bewahrung.
Nicht mehr Kontrolle, sondern Koexistenz.
Denn wenn wir jeden Winkel dieser Erde besitzen wollen, bleibt am Ende nichts übrig, das sich noch lohnt zu bewundern.